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Dr. Wetzel in den 1970er Jahren beim Unterrichten an der Kirchenmusikschule Dresden | Foto: Stefan Gehrt
Dr. Christoph Wetzel †

Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit.
In ihm leben, weben und sind wir, solange er will.
In ihm sterben wir zur rechten Zeit, wenn er will. 

Der ehemalige Studiendirektor an der Kirchenmusikschule Dresden, Dr. Christoph Wetzel, ist am 28. Mai 2022 verstorben.
1929 in Stenn bei Zwickau geboren, verlor er noch im Kriege seinen Vater. Musik und Theologie interessierten ihn gleichermaßen. An der Kirchlichen Hochschule in Berlin-Zehlendorf begann er nach dem Abitur ein Theologiestudium, das er als Stipendiat der Deutschen Studienstiftung an der Universität Münster fortsetzte. Dort wurde er 1954 mit einer Arbeit über das Thema „Die theologische Bedeutung der Musik im Leben und Denken Martin Luthers“ promoviert.
Ebenso wie der nachmalige Landesbischof Dr. Johannes Hempel kehrte er in die DDR zurück und nahm den Dienst als Pfarrer in der sächsischen Landeskirche auf. Seine erste selbständige Pfarrstelle erhielt er in Regis-Breitingen. Von dort wechselte er an die Thomaskirche Leipzig, wo er eine besonders glückliche Zeit erlebte. Dann wurde er als Nachfolger von Dr. Johannes Hempel zum Studiendirektor des Predigercollegs St. Pauli in Leipzig berufen. Später übernahm er als Superintendent die Leitung des Kirchenbezirks Dresden-Nord. Die letzte Station seines beruflichen Wirkens war die damalige Kirchenmusikschule Dresden, in der er als Studiendirektor und Stellvertreter des Direktors tätig war. Die Berufung eines hochrangigen Theologen in diese Stelle lag in der „Integrierten Ausbildung“ begründet, die in den achtziger Jahren eingeführt wurde. Sie verband ein B-Kirchenmusikstudium mit einer katechetischen Ausbildung und hatte die Heranbildung von sowohl musikalisch als auch religionspädagogisch tätigen, vielfältig einsetzbaren Gemeindemitarbeitern zum Ziel. Christoph Wetzel, in der Theologie bestens bewandert, musste sich in das katechetische Arbeitsfeld erst einarbeiten. Die inhaltliche Gestaltung der integrierten Ausbildung stellte ihn vor große Aufgaben. Das Gesamtpensum erwies sich als zu groß und weitgespannt, als dass die Studierenden es in vier Jahren hätten befriedigend absolvieren können. Die Vorverlegung des B-Examens im Fach Orgel auf das Ende des 3. Studienjahres bedeutete eine Reduktion des Abschlussniveaus. Ebenso verwiesen die Studierenden mit Recht darauf, dass sie sich für die katechetische Arbeit – insbesondere unter den Bedingungen der DDR, in der Atheismus Staatsdoktrin war – unzureichend vorbereitet fühlten. Diskussionen über Gewichtsverlagerungen und Umstellungen in der Studienordnung wurden in jeder Dozentenkonferenz geführt.

Mit der Wiedervereinigung Deutschlands trat eine grundsätzliche Wende ein. Es stand außer Frage, dass das Kirchenmusikstudium dem westlichen Profil angeglichen werden musste. Sonst wären die Abschlüsse der Ausbildungsstätten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nicht anerkannt worden. Ab 1991 begleitete Dr. Wetzel die Überführung der Kirchenmusikschule in eine kirchliche Hochschule nach bundesdeutschem Recht. 1994 begann sein Ruhestand, in dem er auf Bitten der Hochschulleitung seine Arbeit noch ein Jahr lang im altersvikarischen Dienst fortführte.

Dr. Wetzels besondere Liebe galt der Kirchenmusik, die er auch als Organist aktiv ausübte. Sein Ziel war es, den werdenden Kirchenmusikern ein tiefgründiges Verständnis für die Verkündigungsaussage der kirchenmusikalischen Werke zu vermitteln. Dies geschah in den Fächern Liturgik und Hymnologie ebenso wie in einem von Dr. Wetzel neu konzipierten Arbeitsbereich „Musik und Theologie“. Letzterer diente nicht vorrangig der Wissensvermittlung, sondern versetzte die Studierenden in die Lage, die geistliche Dimension aufgeführter Werke den Mitwirkenden, insbesondere den Kantoreien und Kirchenchören, nahezubringen und verstehbar zu machen.
Diesem Ziel dienten auch viele weitere Aktivitäten, die der Verstorbene innerhalb unserer Landeskirche unternahm. Aufbauend auf tiefgründigen Analysen vermochte er dem Hörerkreis von Bachkantaten in Gottesdiensten und Konzerten den geistlichen Gehalt der Kompositionen zu erschließen. In gleicher Weise befasste er sich mit Werken anderer Komponisten, z. B. von Franz Schubert und Anton Bruckner.
In seinem Ruhestand leistete er wesentliche Arbeiten zur Erschließung der Geschichte der Dresdner Frauenkirche. Dort war er auch bei Kirchenführungen und Andachten aktiv, ebenso als Prediger in der Loschwitzer Kirche.

Mit ihm verlieren wir einen profilierten Theologen von großer geistiger Weite und mit tiefem Verständnis für die Musik im allgemeinen und speziell für diejenige, die zum Lobe Gottes erklingt. Dr. Christoph Wetzel hat für die sächsische Landeskirche Wichtiges geleistet, insbesondere für das Studium an der Hochschule für Kirchenmusik Dresden. Wir denken voller Dankbarkeit an ihn und sein Lebenswerk.

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